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How to get away with Markomannenmurder [2022]

Seit der umfassenden Recherchepublikation zur akademischen Burschenschaft Markomannia Wien und der daran anschließenden Kampagne „Völkische Verbindungen kappen“ im Frühjahr 2019 hat sich bei der Burschenschaft einiges getan. Ende desselben Jahres ordnete das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz die Verbindung bzw. die Aktivitas als rechtsextreme Organisation sein. Anfang 2020 verlor die Markomannia ihren Kneipenraum in Passau. Die VS-Beobachtung führte mutmaßlich zum Austritt einiger Mitglieder der Verbindung, welche durch ihre Beschäftigung im Staatsdienst oder aus Imagegründen Abstand zur Organisation suchen mussten. Auch die Corona-Pandemie und der Verlust des Kneipenkellers erschwerte der Verbindung die Suche nach Nachwuchs und das Rekrutieren neuer Mitglieder sichtlich. Intensiver wirkten sich jedoch, so wird gemunkelt, interne Richtungs- und Lagerstreits zwischen gemäßigteren Rechten und radikalen Rechten aus, welche Mitte des Jahres 2020 zu einigen Austritten letzterer aus der Aktivitas führten. Personell deutlich geschwächt und ohne die Rekrutierungskräfte einer engagierten Aktivitas brachen die Aktivitäten der Burschenschaft fast vollständig ein. Im Frühjahr 2021 zog die Burschenschaft schließlich aus ihrem Haus in Deggendorf aus, welches sie seit 2011 als Verbindungshaus bewohnt hatte. Nun, drei Jahre nach dem Start der Kampagne „Völkische Verbindungen kappen“ ist es an der Zeit für ein neues Update zum Stand der Dinge in der Burschenschaft Markomannia und den darin bis zuletzt aktiven Mitgliedern und Aktivisten der extremen Rechten.

Der Bund der „Alten Herren“ der Markomannia Wien

Formal teilt sich die Burschenschaft Markomannia Wien in die Aktivitas, die Gruppe der studierenden Burschenschafter, welche das Verbindungsleben organisieren und ausrichten und den Altherrenbund, einen Verein, in welchem die im Berufsleben stehenden Mitglieder der Burschenschaft sich organisieren. Die „Alten Herren“ bieten der Aktivitas durch finanzielle und organisatorische Unterstützung den Rahmen, innerhalb dessen der Bund sein Verbindungsleben entfaltet. Alte Herren mieten und finanzieren beispielsweise das Verbindungshaus, überwachen das Verbindungsleben und die Vermittlung und Einhaltung der Kodizes und burschenschaftlichen Werte und Traditionen. Sie prägten durch ihre jeweiligen Aktivitas-Generationen und jetzt als Alte Herren das Renommée, die Historie und den Status und Zustand des Bundes innerhalb dessen die Burschenschaftern der laufenden Aktivitas ausgebildet werden und burschenschaftliche Tradition leben. Dabei machen die Alten Herren selber einen aktiven Teil der Verbindung aus, nehmen an Conventen und Feierlichkeiten teil und bringen sich im Bund ein. Der Vorsitzende des „Altherrenbundes“ bzw. Altherren Vereins fungiert in der streng hierarchischen Organisation aufgrund seines Amtes und seiner Stellung in gewisser Weise als Oberhaupt und höchste Autorität des gesamten Bundes und ist eng an die Aktivitas angebunden.

Bis Ende 2019 hatte, über lange Jahre, der ehemalige Passauer Rechtsanwalt Klaus Biella dieses Amt inne. Biella selbst tritt nach außen hin als moderater Konservativer auf, besetzte bereits den Posten des Vorsitzenden des CSU Ortsverbands Passau Mitte und gab vor einigen Jahren seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt auf, um sich seiner kreativen Ader zu widmen. Als (Veranstaltungs-)Fotograf und Organisator historischer Stadtführungen als „Stadtfuchs“ in Passau, ist Biella bis heute eng in die Stadtgesellschaft eingebunden. Nur wenigen Menschen scheint Biellas langjährige Aktivität in der rechtsextremen Organisation und seine führende Rolle darin bekannt. Als Altherren-Vorsitzender nahm Biella dabei immer wieder an Veranstaltungen der Aktivitas teil, wurde bei Stammtischen beim trauten Stelldichein mit den neonazistischen Mitgliedern des Bundes gesichtet und engagierte sich bis zuletzt für den (Wieder-)Aufbau der Bundesstrukturen in Passau.

Für das Jahr 2020 übernahm schließlich das langjährige Mitglied des Markomannen-Lebensbundes, Christian Bangert den AH Vorsitz – möglicherweise um aus rechtlichen oder Imagegründen nach außen hin mit den personellen und damit verbunden vermuteten Kontinuitäten in der als rechtsextrem erfassten Organisation zu brechen. Dabei wäre es lebensfern anzunehmen, dass Bangert, der immerhin seit Jahrzehnten aktiver Teil der völkisch-nationalistisch ausgerichteten Verbindung aus teils extrem rechten bis neonazistischen Mitgliedern ist, ideologisch weniger problematisch zu verorten ist.

Der Anfangfünfzigjährige aus Mühldorf am Inn kandidierte zur Bundestagswahl 2021 auf Platz 8 der Landesliste Bayern für die Partei “Liberal-Konservative Reformer” (Kurzbezeichnung LKR). Die LKR, davor “Allianz für Fortschritt und Aufbruch” (Kurzbezeichnung ALFA), ist eine deutsche Kleinpartei, die 2015 vom ehemaligen AfD-Bundessprecher Bernd Lucke initiiert wurde. Nach außen hin grenzt sich die Partei von extrem rechten Positionen ab und gibt sich eher ordoliberal.

Dennoch dürfte der etwa drei Duzend Mitglieder umfassende Bund der „Alten Herren“ der Markomannia Wien weiterhin überwiegend aus einer Mischung aus völkischen Nationalisten, AfDlern, NPDlern, Neonazis und anderen Akteuren der extremen Rechten bestehen. Ihre Organisierung und der Versuch eines Wiederaufbaus der Strukturen scheiterte jedoch vermutlich an der räumlichen Entfernung des Lebensorts zahlreicher „Alter Herren“ sowie am fehlenden Willen zur jugendsozialarbeiterischen Auseinandersetzung mit einem Haufen verschnarchter bis grätziger Jungspunde mit übersteigertem Geltungsbedürfnis.

Die letzte Generation der B! Markomannia Wien Aktivitas (ca. 2019/22)

Im Jahr 2022 zeigt sich die, seit einigen Jahrzehnten in Niederbayern (Passau/Deggendorf) ansässige, Burschenschaft Markomannia Wien weitestgehend aufgelöst. Die Standorte in Deggendorf und Passau musste die Burschenschaft aufgeben, die personelle Besetzung der Aktivitas ist ebenso wie das Verbindungsleben eingebrochen, hin und wieder werden die Onlineauftritte der Burschenschaft noch bespielt, meist mit Bildern und Berichten von Teilnahmen Einzelner an Aktivitäten von Freundesbünden. Seit der Aufnahme der Aktivitas des Bundes in den bayerischen Verfassungsschutzbericht 2019 und der verschärften Beobachtung des Bundes durch Ermittlungsbehörden und vor allem durch antifaschistische Strukturen, zeigte sich auch die Stimmung innerhalb des Bundes angespannt. Während einige Mitglieder der Aktivitas den Bund aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit im Staatsdienst verließen, sollten andere langjährige Verbindungsbrüder möglichst schnell in den Status des „Alten Herren“ übernommen werden, um formal nicht mehr zur Aktivitas zu zählen. Letztlich waren es jedoch angeblich interne Querelen und Streitigkeiten um das Auftreten der Burschenschaft unter dem Damoklesschwert der VS-Beobachtung und Einordnung als rechtextreme Organisation, welche den Austritt einiger Burschenschafter bedingt haben sollen und die Markomannia ab Mitte 2020 letztlich weitestgehend ohne Aktivitas zurückließen. Doch was wurde aus den prägenden Akteuren der letzten Generation aktiver Markomannen?

Neben dem Verbindungshaus in Deggendorf, welches von ~2011 bis 2021 auch als Veranstaltungsort der Verbindung, aber auch als Wohnhaus der in Deggendorf studierenden Verbindungsmitglieder genutzt wurde, ermöglichte ein Kneipenkeller in Passau den (Wieder-)Aufbau der Markomannia-Strukturen in der Universitätsstadt in den Jahren 2018 bis 2020. Die aktiven Burschenschafter der Markomannia Aktivitas der letzten Generation(en) setzten sich überwiegend aus Studierenden der FH Deggendorf, der Universität Passau und in kleineren Teilen aus Studenten der Hochschulen in Regensburg zusammen. Unter den jeweiligen Verbindungsmitgliedern der jeweiligen Wohn- und Studienorte scheinen sich dabei teils eigene Dynamiken und Kulturen entwickelt zu haben, welche sich im Folgenden skizzieren lassen.

Deggendorf: Die Schnarchnasen

Die Deggendorfer Markomannen setzten sich wohl überwiegend aus Studierenden der Technischen Hochschule Deggendorf zusammen, welche im Verbindungshaus lebten und dort das aktive Verbindungsleben (Kneipen, Feste, Barabende, Convente) ausrichteten und das burschenschaftliche Vermächtnis der Markomannia verwalteten. Dass mit der burschenschaftlichen Tradition und dem Leben im männerbündischen Verbindungshaus nicht nur viele organisatorische Kapazitäten verbunden sind, sondern jede Menge zeremonielle Alkoholexzesse und rituelle Besäufnisse, stellt dabei nicht nur ein Klischee dar. Möglicherweise liegt auch darin begründet, dass ein nicht irrelevanter Teil der Deggendorfer Burschenschafter größere Probleme im Verlauf ihres Studiums zeigte. Aufgrund ausbleibender akademischer Abschlüsse mussten sich einige über akademische Um- und formale Schleichwege durch das Dickicht formaler Mitgliedschaftsregelungen in der akademischen Burschenschaft hangeln. Diverse Markomannen der letzten Deggendorfer Generation gerieten außerdem wegen ihrer Affinität zu Betäubungsmitteln erst in Konflikt mit dem Gesetz und schließlich auch mit ihrem Bund, der zumindest eine Zeit lang noch etwas auf seinen guten Ruf und eine laufende akademische Karriere bei seinen Mitgliedern gab.

Aus der letzten Generation prägender bzw. zeitweise sehr aktiver Deggendorfer Markomannen um Michael Gallermann, Michael Papert, Florian Müller, Joel C. Nagel, Gordon Klingl, Paul Kelnhofer und Sebastian Kerler bleiben der Markomannia Wien wohl nur erstere zwei bis drei erhalten.

Paul Kelnhofer und Sebastian Kerler, beide um 2015/2016 Mitglieder der Markomannia, bekleideten damals auch Vorstandsposten in der AfD Deggendorf. Paul Kelnhofer engagierte sich nach seinem Ausschluss aus der Markomannia außerdem im Vorstand der „Jungen Alternative Ostbayern“ und absolvierte bis 2020 eine Ausbildung im Büro der Deggendorfer AfD-Politikerin Katrin Ebner-Steiner. Inzwischen ist er laut Website in der Landesgeschäftsstelle der AfD für die Mitgliederverwaltung zuständig und Beisitzer im AfD KV Straubing-Bogen.

Regensburg: Der Schöngeist

Der Regensburger Markomanne der letzten Aktivitas-Generation ist bzw. war Linus Ammer. Der aus Mengkofen stammende Student der Vor- und Frühgeschichte an der Universität Regensburg, der um Anfang 2019 in die Markomannia eintrat, soll Ende 2021 nach Abschluss seines Studiums nach Österreich verzogen und dort berufstätig sein. Der Markomannia blieb er allerdings erhalten. Ideologisch dürfte Ammer weiterhin voll auf Linie seiner völkisch-nationalistischen Verbindung liegen. Im Herbst 2021 publizierte Ammer mutmaßlich seine Bachelorarbeit „Urvolk, Urheimat, Ursitten. Die Herkunft der Indogermanen und Germanen – Band 2“ beim „Verlag für Frühgeschichte“. Dieser ist der an der gleichen Adresse gemeldet ist wie der Bücherversand des Neonazis Sanny Kujath. Auch im Shop des extrem rechten Compact-Magazins wird das Buch angeboten. Weiterhin veröffentlicht Ammer unter seinem Namen schwülstige, an die Romantik angelehnte Gedichte von Volk, Heimat, Ahnen und Krieg auf ideologisch einschlägigen Plattformen für deutsches Volks- bzw Brauchtum.

[…]

Unter Schnee und Todesregen

Hunderte ihr Leben gaben,

Einst mit Speer, dann Schwert, dann Degen,

Hundert je an Tausend Tagen.

Du weißt nicht, wie solcher Schmerz tut,

Der Dein Volk hat übergossen,

Ozeane voller Herzblut

Sind für Dich dereinst geflossen.

Jahrzehntausende ich zähle,

Die Dein Volk bei Sturm und Plag‘ den

Hort von Blut und Geist und Seele

Harten Schritts bergauf getragen!

Dass Du lebest, – Deutscher, höre! –

Mühten, wälzten, schufen, starben

Millionen Deines Volkes,

Ungezählte Deiner Ahnen!

Aller Geist und all Dein Wollen,

Alles Blut und ganz Dein Leben

Sei darum dem großen Herzschlag

Deines deutschen Volks gegeben.

Dieses ist die kleinste Treue,

Vätergleich als Sohn zu streben,

Ahnenseel und -leib in neue

Zeit als Opfernder zu heben!

Linus Ammer, 19 Oktober 2021, „Dank“
Passau: Die Scharfmacher und ihre Lakaien

Obwohl die Burschenschaft Markomannia Wien als burschenschaftliche Verbindung schon in ihrem Kern als völkisch-nationalistisch ausgerichtet und Teil der extremen Rechten verortet werden muss und relevante Teile ihrer Mitglieder sich als Aktivisten in der extremen Rechten betätig(t)en, sind es wohl die Passauer Mitglieder der letzten Generation der Aktivitas, die als besondere Scharfmacher gelten können und sich in besonderer Weise in der extremen Rechten verdient gemacht haben. Diesem Personenkreis dürfte die antifaschistische Kampagne gegen die Verbinung und die daraus resultierende Beobachtung der Aktivitas durch den Verfassungsschutz sowie letztlich die Ursache interner Lagerstreits innerhalb der rechten Verbindung zu verdanken sein.

Als Gesicht und treibende Kraft des Strukturaufbaus der Markomannia in Passau galt lange Zeit Alexander Salomon. Als der Student der Rechtswissenschaft 2015 in die Verbindung einstieg, hatte der Cottbusser bereits eine steile Karriere in der extremen Rechten in Brandenburg hingelegt. Als Jugendlicher bei der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ gestartet, wirkte er später bei der Gründung des AfD Landesverbands Brandenburg und der „Jungen Alternative“ Brandenburg mit, in deren Vorstand er noch einige Jahre nach seinem Umzug nach Bayern saß. Außerdem arbeitete er auf Minijobbasis bereits bei den Brandenburger AfD Abgeordneten Birgit Bessin und dem Neonazi Andreas Kalbitz. Auch in Bayern zeigte sich Salomon in Strukturen und bei Veranstaltungen der JA, der AfD und der Identitären Bewegung. Seine Hauptaktivität schien jedoch dem burschenschaftlichen Leben seiner geliebten Markomannia und deren Strukturaufbau in Passau zu gelten. Im Sommer 2020 jedoch endete Salomons Aufenthalt in Passau/Bayern studienbedingt und er verzog – vermutlich um sein Rechtsreferendariat abzuleisten – nach Leipzig. Dort scheint der Rechtsextreme noch nicht in relevanter Weise öffentlich in Erscheinung getreten zu sein. Stattdessen engagiert sich der überzeugte Burschenschafter offensichtlich seit rund zwei Jahren in Dresden beim Aufbau einer neuen – und sicherlich ebenso so extrem rechts einzuordnenden – Schülerschaft. Das neue burschenschaftliche Projekte „p. B! Saxonia zu Dresden“ soll wohl als Sammelbecken und Rekrutierungspool junger, extrem rechter Männer dienen, um diese an die Strukturen und das Milieu akademischer Burschenschaften anzubinden. Am 26.03.2022 verkündete die „Pennale Burschenschaft Saxonia Dresden“ auf Facebook: „Die heutige Ankneipe ist gut besucht! Seit einigen Monaten haben wir in Dresden eine eigene Bude, welche nun nach und nach eingerichtet wird.“

Da es sich bei sogenannten Schülerschaften um Vorfeldorganisationen der akademischen Burschenschaften handelt, welche häufig an letztere organisatorisch angebunden sind, steht das neue Projekt Salomons Mitgliedschaft in der Markomannia Wien nicht entgegen. Interessanterweise zeigen die Farben der p. B! Saxonia eine starke Ähnlichkeit zum Coleurband der Markomannia Wien, Salomons Lebensbund.

Als Salomons Mitstreiter und rechte Hand galt lange Zeit Tobias Lipski. Als dieser um 2017 zum Studium der Rechtswissenschaft nach Passau und ebenfalls zur B! Markomannia Wien kam, hatte er sich ebenfalls bereits eine Historie in der extremen Rechten und im burschenschaftlichen Milieu erarbeitet. Lipski musste Anfang 2017 eine vielversprechende Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr beenden, nachdem er wegen rechtsextremer Ausfälle sowie seiner Tätigkeit für die Identitäre Bewegung in München und weiterer hochproblematischer Vorwürfe (Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, …) in den Fokus des MAD geraten war. Auch seine Fuxenzeit (Bewährungszeit) bei der extrem rechten Münchner Burschenschaft Cimbria endete für Lipski wenig rühmlich und vorzeitig. Bei der B! Markomannia Wien fand Lipski schließlich eine neue, ideologisch voll auf Linie liegende Wirkstätte. Trotz des öffentlichen Bewusstseins bezüglich seiner Vorgeschichte und Aktivitäten bekleidete Lipski ab 2019 ein Amt im Vorstand der „Jungen Alternative Ostbayern“. Später im selben Jahr zeigte er sich mit Salomon und weiteren Passauer Verbindungsbrüdern bei der Gründung der AfDnahen Hochschulgruppe „Campus Alternative“ an der Universität Passau. An der Personalie Lipski dürfte sich schließlich nicht nur das Interesse der Ermittlungsbehörden an der Burschenschaft Makomannia Wien, sondern in Folge dessen auch interne Streitigkeiten in der Verbindung entzündet haben. Twittergerüchten zufolge soll der interne „linksruck“ in der rechtsextremen Burschenschaft Markomannia schließlich den Austritt der halben Aktivitas um den extrem rechten Scharfmacher Lipski Mitte des Jahres 2020 verursacht haben.

Seither scheint Lipski ohne Markomannenband, aber durchaus noch mit burschenschaftlicher Einbindung [wir erinnern an seinen Auftritt im Coleur der rechtsextremen Schülerschaft Normannia Winterberg zu Passau im Herbst 2019 in Passau zu leben und zu studieren. Dabei wird er von seiner ebenso völkisch anmutenden Partnerin Sophie B. unterstützt, welche im Sommer 2021 zum Studium des Grundschullehramts nach Passau zog. Gemeinsam tritt das Paar seither öffentlich beispielsweise bei diversen Veranstaltungen der „Jungen Alternative“ in Bayern und bundesweit auf.

Im Juni 2022 wurde bekannt, dass Tobias Lipski versucht haben soll über den AfD Kreisverband Würzburg einen Aufnahmeantrag in die AfD zu stellen. Der Würzburger Kreisverband der AfD wollte den Antrag des Rechtsextremen tatsächlich annehmen, auch der Bezirks- & der Landesverband der AfD hatten wohl keine Bedenken. Einem AfD-Dokument zufolge jedoch widersprach der Bundesvorstand der Aufnahme und begründet in einem Protokoll: Tobias L. „galt als einer der beiden Verdächtigen, die 2017 ein Attentat auf Ursula von der Leyen geplant haben sollen“, berichtet die Mainpost.

Gemeinsam bei der „Campus Alternative Passau“ an der Universität Passau als Aktivisten der extremen Rechten aktiv zeigten sich mit Lipski Ende 2019 der bereits bekannte (damalige) Markomanne Petar Boesche sowie die beiden damals neuen Markomannia-Füxe Lukas Auburger und Sören Witt.

Der (ehem.) Markomanne Sören Witt zog Mitte 2019 zum Studium der Staatswissenschaften nach Passau. Innerhalb weniger Wochen schloss er sich hier der Burschenschaft Markomannia Wien und der Campus Alternative an und begann damit, sich in den lokalen Strukturen der extremen Rechten zu engagieren. Im Herbst 2020 wurde bekannt, dass Sören Witt ebenfalls bereits eine Vorgeschichte in extrem rechten Milieus aufweisen konnte. Eine Hausdurchsuchung wegen einer, u.a. durch Witt auf Twitter geteilten, Ankündigung eines Amoklaufs an der Universität Passau sowie antifaschistische Recherchen offenbarten, dass Witt sich seit geraumer Zeit als „Incelektueller“ mit NS-Verherrlichung, blankem Rassismus und Frauenhass einen Namen in der Rechtstwitterbubble und der Incel-Sphäre gemacht hatte. Sein Freund und Mitbeschuldigter, der ebenfalls in Passau studiert, betrieb sogar von dort aus einen NS-verherrlichenden, nach Witt benannten, Podcast unter dem unmissverständlichen Titel „RadioSören88“.

Spätestens mit den strafrechtlichen Ermittlungen schien Witts Karriere bei der akademischen Verbindung beendet. Möglicherweise führten auch die Veröffentlichungen und die mediale Berichterstattung zum Fall dazu, dass Witt rund ein Jahr später Passau verließ und zum Studium nach Heidelberg umsiedelte. Seit letztem Wintersemester 2021/2022 ist Sören Witt an der Universität Heidelberg für Geschichte und Politikwissenschaften eingeschrieben. Seine rechte Gesinnung scheint er dabei nicht „abgelegt“ zu haben, so fiel er bereits durch einschlägige Äußerungen am Campus auf und wurde in Heidelberg mehrfach auf den rechten und verschwörungsideologischen „Montags-Spaziergängen“ gesichtet, wo er in Gesellschaft lokaler AfD-Politiker:innen gegen die „Corona-Diktatur“ demonstrierte.

Ebenfalls nicht mehr Teil der Burschenschaft Markomannia Wien und nicht mehr an der Universität Passau eingeschrieben ist offenbar Petar Boesche. Boesche, der sein Studium in Passau im Herbst 2018 aufnahm, hatte sich in der Zeit ebenfalls der B! Markomannia angeschlossen und sich zu Beginn des Jahres 2019 über einige Zeit als „rechtsextremer Spitzel“ in linke Strukturen in Passau eingeschleust und war in einer linken Hochschulgruppe als vermeintlicher Gesinnungsgenosse aktiv geworden. Die aus den Strukturen gewonnenen Informationen nutzte B. um mit Hilfe namhafter rechtsextremer Plattformen eine Hasskampagne gegen Passauer Antifaschist:innen anzuzetteln, nachdem er seine „Erkenntnisse“ in dem Artikel „Inside Antifa: Gefährliche Undercover-Recherche“ über das Neurechte Medium EinProzent publizieren lies. Ende desselben Jahres betätigte sich das „Junge Alternative“-Mitglied Boesche bei der „Campus Alternative Passau“ als Fahnenträger am Kyffhäusertreffen des rechtsextremen „Flügels“ in der AfD. Mitte 2020 unterstützte er mit der JA Brandenburg personell den Landtagswahlkampf des Neonazis Andreas Kalbitz (der später aus der AfD ausgeschlossen wurde). Der Burschenschaft Markomannia blieb Boesche schließlich nicht erhalten, er soll sich im Frühjahr 2020 aus dem Lebensbund verabschiedet haben – rund ein Jahr später folgte scheinbar auch Boesches Abschied aus Passau.

Da er den öffentlichen Auftritt meidet, sind sowohl der Eintritt wie auch der Austritt des Passauer Studenten Max Hülsenbeck in und aus der Burschenschaft Markomannia im ähnlichen Zeitraum weniger bekannt. Hülsenbeck zog ebenfalls im Herbst 2019 zum Studium nach Passau, wo er sich als Fux (Anwärter) der Burschenschaft Markomannia und dem Lipski-Lager darin angeschlossen haben soll. Anders als fast der komplette Teil der Passauer Aktivitas betätigte sich Hülsenbeck nicht in der Campus Alternative Passau, sondern beließ sein Engagement auf Ebene der Burschenschaft. Bis jedenfalls der darin vorgeblich vonstattengehende „Linksruck“ für den Sympathisanten extrem rechter Ansichten die Grenze überschritt und er mit wehenden Fahnen dem Lebensbund den Rücken kehrte. Hülsenbeck studiert und lebt weiterhin in Passau, nach Salomons Wegzug übernahm er die Wohnung seines rechtextremen Verbindungsbruders.

Als „last Markomanne standing“ kämpft inzwischen in Passau Lukas Auburger auf einsamem Posten. Wie auch Witt und Hülsenbeck verschlug es Auburger zum Wintersemester 2019/2020 nach Passau und an die Universität. Auch er schloss sich innerhalb kürzester Zeit als Fux der rechtsextremen Burschenschaft an und wirkte bei der AfDnahen „Campus Alternative Passau“ bis zu deren Auflösung (Januar 2020) mit. Nach dem Zerfall der Aktivitas des Bundes durch Wegzüge, Austritte und Wechseln bzw. Aufnahmen in den Altherrenbund, blieb Auburger als letztes Passauer Mitglied der Aktivitas relativ allein zurück. Seine Loyalität zum Bund und seine neue Rolle als Hoffnungsträger für eine neue Generation von Markomannen dürfte ihm bei den Alten Herren des Bundes eine Menge Wohlwollen einbringen, eine blühende Zukunft in der Burschenschaft scheint dennoch bei den aktuellen Verhältnissen eher ungewiss. Während der Corona-Zeit konzentrierte Auburger sich vielleicht auch deshalb wohl vor allem auf sein berufliches und akademisches Vorankommen.

Von Juni bis Dezember 2021 arbeitete der BWL Student im Bachelorstudium als studentische Hilfskraft an der Universität Passau am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Taxation, inzwischen ist Auburger nach eigenen Angaben als Werkstudent bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in München tätig. Seine mutmaßliche Suche nach potentiell ideologisch oder inhaltlich zu ihm passenden Strukturen im Campusmilieu führte Auburger hingegen im Laufe des vergangen Jahres scheinbar zu den verschwörungsideologischen Netzwerken der Corona-Leugner:innen von „Studenten stehen auf Passau“. In deren, nicht besonders belebten, Telegramkanal wurde Auburger vorstellig und beteiligte sich vereinzelt an Diskussionen der Pandemieleugner:innen zum Umgang mit Masken- und Testpflicht an der Universität Passau sowie Debatten zum Impfen bzw. Impfnachweisregelungen für Mitarbeiter:innen der Universität. Das Auftreten von Aktivisten der extremen Rechten in den scheinbar anschlussfähigen und massekompatibleren Strukturen der verschwörungsideologischen Corona-Leugner:innen-Bewegung ist nicht überraschend und bundesweit zu beobachten. Auf Dauer scheint der Großteil der organisierten Rechtsextremen darin sich allerdings wegen der ideologischen Unschärfe der Bewegung dort nicht zu engagieren. Es bleibt spannend ob und wie der letzte Vertreter der Aktivitas der extrem rechten Burschenschaft Markomannia Wien in Passau seine Aktivitäten in Zukunft entfalten wird – und wie lange er der Dreiflüssestadt noch erhalten bleiben wird.

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