In Personaldebatten hielt sich die Universität Passau bisher immer zurück. Besonders wenn es um die Rechtsaußen-Verortung von Angehörigen der Universitätsfamilie ging, ließ sich die Universitätsleitung selten und wenn dann mit äußerster Vorsicht zu einer „Wir gehen dem mal nach“-Positionierung hinreißen. Doch diese Policy änderte sich offensichtlich in diesem Semester – jedenfalls in Bezug auf Vorwürfe, die von Rechtsaußen gegen als links verortete Universitätsangehörige geäußert wurden. Der doppelte Standard in den Öffentlichkeitsarbeit der Uni Passau verwundert und offenbart vor allem eines: Blinde Flecken.
Rund um die unsägliche und populistisch geführte – von rechten Kräften oft genug mit Fake News angeheizte – Diskussion um Legitimität und Legalität von Klimaaktivismus-Aktionen sorgt auch ein Statement seitens der Uni Passau für Irritationen. Dieses publizierte das Social Media-Team der Universität Passau auf Instagram, scheinbar nachdem bekannt wurde, dass es sich bei einer öffentlich auftretenden Klimaaktivistin der „Letzten Generation“ um eine Studentin der Universität Passau handelt.
In einem Instagram-Kommentar wurde die Uni Passau Anfang November aufgefordert, Sanktionen gegen die entsprechende Studentin wegen ihres „Grünen Terrorismus“ zu erlassen und diese zu exmatrikulieren. Das Social Media-Team der Universität Passau, welches sich sonst beharrlich im Ignorieren jeder kritischen Auseinandersetzung übt, reagierte ungewohnt offen:
„Es ist richtig, dass die beteiligte Aktivistin an unserer Universität für Rechtswissenschaften immatrikuliert ist. […] Es ist für uns nachvollziehbar, dass Aktionen, bei denen gerade Jurastudierende gegen geltendes Recht verstoßen, Sie besonders irritieren müssen. Es ist klar festzuhalten, dass die Universität Rechtsverstöße dieser Art nicht gutheißt […]. Zugleich ist ebenso klar festzustellen, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine rechtliche Grundlage für eine Sanktion seitens der Universität besteht. […] Innerhalb unserer Universitätsfamilie begleiten wir die Vorgänge in Potsdam mit der angemessenen Aufmerksamkeit und in kritischer Auseinandersetzung – diesen universitären Auftrag nehmen wir – auch in Ihrem Sinne – sehr ernst!“
Während der Universitätspräsident Ulrich Bartosch per Präsidialerlass noch wenige Wochen zuvor anmaßend und schlicht herablassend die öffentliche und mediale Debatte um die Aktivitäten eines Universitätsprofessors im rechtsextremen Milieu per „Schlussstrich“ zu untersagen und kritische Stimmen aus der Studierendenschaft mundtot zu machen versuchte, sieht es die Passauer Universitätsfamilie als ihren Auftrag (!) an, die außeruniversitären Aktivitäten linker Studierender „mit der angemessenen Aufmerksamkeit und in kritischer Auseinandersetzung“ zu verfolgen. Weiterhin werden Möglichkeiten von Sanktionen geprüft und zu allem Überfluss wird dieser vermeintliche universitäre Auftrag „auch im Sinne von“ Kritiker:innen aus der (extrem) rechten Ecke ausgeführt. In der Klimagerechtigkeitsbewegung aktive Studierende werden öffentlich dem Instagram-Pranger ausgeliefert und die Debatte um absurde Strafen für linke Aktivist:innen befeuert. Ein Entgegenkommen in Richtung rechter Forderungen soll die Situation entschärfen. Selbst die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vermag hier offensichtlich keinen Schlussstrich zu ziehen. Den bewahrt sich die Universität lieber für „Nestschmutz“ aus Reihen der antifaschistischen Linken auf, denn jede öffentliche Aufmerksamkeit rund um Aktivitäten und Positionen Universitätsangehöriger in der extremen Rechten wird ja scheinbar als schädlich für das Image der Uni bewertet.
Auf die Frage nach der Überwachung linker Studierender als *universitärer Auftrag* und die öffentliche Zuschreibung strafrechtlicher Verstöße trotz Unschuldsvermutung und trotz völliger Unklarheit darüber, ob der Wurf von Kartoffelbrei auf eine Glasscheibe überhaupt einen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt, gehen wir hier gar nicht erst ein.
Doch wie sieht es dagegen aus, wenn die Aktivitäten von Studierenden und Angehörigen der Passauer „Universitätsfamilie“ in Organisationen und Strukturen der extremen Rechten angesprochen werden? Legitime und fundierte Kritik an politischen und wissenschaftlichen Aktivitäten durch Angehörige des Hochschulapparats in der extremen Rechten wird von der Universitätsleitung als „persönlicher Angriff“ delegitimiert. Um den Ruf der Hochschule zu schützen wird einiges daran gesetzt, die Nestbeschmutzer:innen mundtot zu machen, die das unappetitliche rechte Problem benennen. Die Unileitung versteckt sich hinter beschönigenden Floskeln oder diffamiert die Kritiker:innen direkt öffentlich, schweigt die Angelegenheit tot oder stellt sich – ungeachtet der Faktenlage und Sachdebatte – schützend vor Aktivisten der Neuen Rechten.
Im Diskurs um extrem rechte Hochschulgruppen, Studierende oder Dozierende lautete die bisherige Haltung, die privaten bzw. außeruniversitären politischen Aktivitäten, seien sie potentiell strafrechtlich relevant oder nicht, hätten die Uni nicht zu interessieren. Zumindest solange kein tatsächlicher Zusammenhang zur Uni oder dem Campus besteht. Ein an sich legitimer Standpunkt. Und diese Haltung zog die Uni Passau bis jetzt auch mit großer Beharrlichkeit durch – jedenfalls, solange es sich bei den Verdächtigen um Aktive der extremen Rechten handelte.
Das Schweigen, welches die Uni in Bezug auf rechtsextreme Studierende und Uniangehörige mit potentiell imageschädlichem und rechtswidrigem Verhalten an den Tag legt, scheint mitunter wirklich ohrenbetäubend. Dabei gäbe es doch genug Anlass zur Besorgnis, wenn man nur einmal den Teil extrem rechter Aktivisten an der Uni Passau betrachtet, deren potentiell strafrechtlich relevante Aktivitäten sogar einen direkten Bezug zur Uni aufweisen und damit doch durchaus geeignet wären, dem Image der Hochschule zu schaden. Doch hier beruft sich die Unileitung auf das bewährte Konzept „nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“.
Ein guter Anlass, nochmal einen Blick in die Liste jüngerer Personaldebattenzu werfen:
- Im Jahr 2016 drohte ein späteres Mitglied der AfD-nahen Hochschulgruppe „Campus Alternative Passau“ einem Amoklauf an der Universität Passau an, was zu einem Großeinsatz auf dem Campus und seiner Verurteilung führte. Der rechtsextreme Student schrieb damals: „Ich hasse Jurastudenten und BWL-er. So ein bisschen Giftgas im Audimax und dann vor den Fluchttüren warten, da kriege ich bestimmt schon mal zweistellige Todesopfer.“ Bekannt wurde dies übrigens nicht etwa durch eine Information der Unileitung – erst 2019 durch eine Landtagsanfrage der bayerischen Grünen und die lokale Berichterstattung und Öffentlichkeitsarbeit antifaschistischer Initiativen in Passau wurde all das publik gemacht.
- Im Oktober 2020 berichteten diverse Medien über Hausdurchsuchungen in Passau. Anlass dazu soll die Androhung eines Amoklaufs an der Universität Passau für den Oktober 2020 auf der Twitter gewesen sein. Die Kriminalpolizei Passau hatte in diesem Kontext zwei 19-Jährige Studenten der Uni Passau ermittelt, die diese Drohung über Twitter verbreitet haben sollen.
Einer der beiden betrieb von Passau aus einen NS-verherrlichenden Podcast, der nach dem anderen rechtsextremen Studenten benannt war (RadioSören88). Beide Verdächtigen bezeichneten sich selbst als “Incels”. - Antifaschistische Recherchen belegten, dass es sich beim zweiten verdächtigen Studenten, nämlich benannten Sören Witt, um einen der rechtsextremen Burschenschafter der Markomannia Wien zu Deggendorf/Passau handelte. Außerdem war er Mitglied des als der „Campus Alternative Passau“- dem als rechtsextrem eingeordneten Projekt der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“, an der Uni Passau. Eine Information oder Stellungnahme der Universitätsleitung dazu ist übrigens bis heute nicht bekannt.
- Im Jahr 2017 immatrikulierte sich an der Universität Passau ein Student für den Studiengang der Rechtswissenschaften, der bis sich dahin bereits eine Historie in der extremen Rechten erarbeitet hatte. Tobias Lipski musste Anfang desselben Jahres eine vielversprechende Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr beenden, nachdem er wegen rechtsextremer Ausfälle sowie seiner Tätigkeit für die extrem rechte „Identitäre Bewegung“ in München und weiterer hochproblematischer Vorwürfe (Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, Besuch eines Treffens ehemaliger SS-Offiziere in Estland im Dezember 2016, Verbreitung rechtsradikaler Hetze, Teilnahme an mehreren Veranstaltungen der „Identitären Bewegung Deutschland“ und Aktivitäten als Referent für die IB) in den Fokus des MAD geraten war. Trotz des (teil-)öffentlichen Bewusstseins bezüglich seiner Vorgeschichte und Aktivitäten wurde der Student im Herbst 2017 Mitglied der rechtsextremen Passauer Burschenschaft „Markomannia Wien“ und bekleidete ab 2019 ein Amt im Vorstand der vom VS als „rechtsextreme Organisation“ eingeordneten AfD-Jugendorganisation „Jungen Alternative Ostbayern“. Später im selben Jahr zeigte er sich mit weiteren Passauer Verbindungsbrüdern der Markomannia Wien bei der Gründung der AfD-nahen Hochschulgruppe „Campus Alternative“ an der Universität Passau. Im Juni 2022 wurde bekannt, dass der AfD-Bundesvorstand die Aufnahme des Studenten in die Partei abgelehnt habe, da dieser „als einer der beiden Verdächtigen galt, die 2017 ein Attentat auf Ursula von der Leyen geplant haben sollen“, als diese die Bundeswehruniversität in München besuchte. Die Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf den Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie die Hausdurchsuchung im Kontext dessen fanden übrigens bereits in der Passauer Bleibe des neonazistischen Jurastudenten statt. Bekannt und öffentlich ist all dies übrigens alles seit einigen Jahren – doch nicht etwa durch eine Information der Unileitung, sondern durch die Öffentlichkeitsarbeit lokaler antifaschistischer Initiativen.
- Im Frühjahr 2019 schleuste sich ein Aktivist der extremen Rechten (Mitglied der „Burschenschaft Markomannia Wien“ und später der „Campus Alternative Passau“) und Student der Uni Passau als Spitzel in linke Passauer Strukturen ein. Die so gewonnenen Informationen wollte er nutzen, um mit Hilfe namhafter rechtsextremer Plattformen eine Hasskampagne gegen die Passauer Hochschulgruppe „Liste der unabhängigen kritischen Student*innen“ (LUKS) anzuzetteln. In einer Drucksache bestätigt die Bayerische Staatsregierung: „Dem Polizeipräsidium Niederbayern ist bekannt, dass der (…) genannte Vorfall von Anhängern der Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf genutzt wird, um die Hochschulgruppe LUKS Passau zu diskreditieren und die Entziehung ihrer Akkreditierung an der Universität Passau zu erreichen. Dazu werden einschlägige rechte Internetseiten genutzt (…).“. Eine Warnung an die entsprechend ins Visier rechtsextremer Akteur:innen und Kampagnen genommene linke Passauer Hochschulgruppe erfolgte übrigens nicht etwa durch eine Information der Unileitung, sondern durch lokale antifaschistische Initiativen.
- Im Herbst 2021 gab ein weiteres Mitglied der rechtsexremen Markomannia Wien und ehemaliges Mitglied der inzwischen aufgelösten „Campus Alternative Passau“, der Passauer BWL-Studierende Lukas Auburger bekannt, inzwischen einem Beschäftigungsverhältnis an einem Lehrstuhl der Uni Passau nachzugehen. Trotz seiner Mitgliedschaft in gleich mehreren, vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeordneten Strukturen und einer Unvereinbarkeitsliste für Angestellte der Universität (die leider jedoch von 1996 ist und alle neueren Strukturen der extremen Rechten nicht erfasst) konnte er den Job offensichtlich antreten. Bekannt wurde dies der dem Lehrstuhl übrigens nicht etwa durch eine Information der Unileitung, die sich lieber in der Observation linker Studierender übt, sondern durch Hinweise lokaler antifaschistischer Initiativen an die Studierendenvertretung, die wiederum den Hochschulapparat verständigte.
- Ein anderer rechtsextremer Passauer Jurastudent, Max Hülsenbeck, fiel im September dieses Jahres als Teilnehmer der „Sommerakademie“ des rechtsextremen Thinktanks „Instituts für Staatspolitik“ in Schnellroda auf. Neben führenden Rechtsextremen und Neonazis wie z.B. Götz Kubitschek (Antaios, IfS), Martin Sellner (IB Ö) wähnte sich der ehem. Korporierte der Passauer Burschenschaft Markomannia Wien unter den ca. 30 Teilnehmenden wohl in bester Gesellschaft der rechtextremen pseudoakademischen Elite. Mitveranstalter der extrem rechten und auf das Akademische ausgerichtete Akademie war auch in diesem Jahr wieder das neurechte Projekt der „Gegenuni“. Das Online-Akademie-Projekt der Identitären Bewegung mit Sitz in Hessen und starken personellen Überschneidungen zu den Akteuren des „Instituts für Staatspolitik“ gestaltet sich als Plattform, die sich als selbst ernannte rechte Hochschule der „Gegenkultur“ zur vermeintlich linksgrüne Hegemonie an Hochschulen versteht. Dort können Rechtsextreme Vorträge und Lesekreise für junge Neurechte anbieten, die dafür als „Studierende“ Beiträge zahlen und Prüfungsnachweise erlangen können. Der hessische Verfassungsschutz warnt vor der selbst ernannten rechten Hochschule und daraus hervorgehender rechter Hetze seit dem Start des Projekts. Wie viele Studierende der Universität Passau an Angeboten der rechtsextremen „Gegenuni“ teilnehmen ist unklar, sicher ist jedoch, dass die Plattform auch von Passauer Studierenden genutzt wird. Weiterhin existiert seitens der Universität Passau kein irgendwie gearteter Ausschluss oder Abgrenzungsbeschluss hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Prüfungsleistungen aus „Bildungsangeboten“ der extremen Rechten, wie z.B. der „Gegenuni“. Eine Problematik, die übrigens nicht etwa dank der Aufmerksamkeit der Passauer Universitätsleitung diskutiert wird, sondern erst durch antifaschistische Initiativen und Studierende angestoßen wurde.
Es drängt sich hier die Frage auf, wie viele Hochschulen innerhalb so weniger Jahre so viele potentielle rechtsextreme Straftäter und Delinquenten sowie rechtsextreme Aktivisten beherbergt haben, die auch noch überwiegend untereinander vernetzt und in derselben Hochschulgruppe organisiert waren? Eine Hochschulgruppe, gegen die trotz ihrer offenen Verortung in der extremen Rechten und engagierter Aufklärungsarbeit durch andere Hochschulgruppen die Unileitung übrigens nichts unternehmen wollte? Der Anführer der „Identitären Bewegung Österreich“ und eines der bekanntesten Gesichter der „Neuen Rechten“, Martin Sellner (IB), erläuterte kürzlich die Bedeutung des „akademischen Lagers“ für die extreme Rechte: Ohne Raumgewinn an den Unis keine Revolution auf der Straße. Er rief dazu auf, die extreme Rechte auf dem Campus auch durch inhaltliche Beiträge zu stärken. Dies könnte Anlass genug sein für jede Hochschule, ihre Haltung in Bezug auf ihre gesellschaftliche und politische Verantwortung sowie ihren eigenen Umgang mit extrem rechter Raumnahme an den Hochschulen zu überdenken und an der Sensibilisierung für solche Aktivitäten zu arbeiten. Das komplette Gegenteil dessen zeigt sich erneut in Passau.
Im Juni 2022 fasste ein Twitter-Thread des Antifaschistischen Infotickers Passau zusammen, was der Universität Passau und dem akademischen Milieu überhaupt nicht neu gewesen sein dürfte: Dass sich Professor Hans-Christof Kraus, der Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neuste Geschichte an der Universität Passau, seit Jahrzehnten im Netzwerk der extremen Rechten bewegt und sich darin durch jahrelange enge Vernetzung eine Art wissenschaftliches Renommé erarbeitet hat. Der AStA der Universität Passau griff die Recherche, deren Inhalte allerdings bereits seit den 90er Jahren im Wesentlichen bekannt und der Öffentlichkeit zugänglich sind, auf und forderte die Universitätsleitung zu einer Positionierung auf. Was folgte kann seitens der Universität Passau nur als Öffentlichkeitsarbeitsdebakel bezeichnet werden: Es folgte ein Statement der Universität, welches Transparenz und Aufarbeitung versprach und in welchem sich der kritisierte Professor als missverstandener FdGO-Fanboy inszenieren durfte. Daraufhin Tribunale und Einschüchterungsversuche gegen AstA-Vertreter:innen hinter verschlossenen Türen, unbeantwortete Presseanfragen nach dem Fortschritt der versprochenen Aufarbeitung und volle Solidarität für den neurechten Professor, der in seinem Statement auch noch die Unwahrheit gesagt haben soll in Bezug auf seine Einbindung in akademische Organisationen der extremen Rechten. Die versprochene transparente Aufarbeitung und Diskussion gipfelte letztlich im Versuch des Universitätspräsidenten, die mediale und öffentliche Debatte um extrem rechte Aktivitäten und Positionen per Schlussstrich zu beenden.
Trotz Hinweisen darauf, dass Kraus in seinem öffentlichen, über die PR-Abteilung der Uni publizierten, Statement nachweislich gelogen haben könnte, geht die Universitätsleitung diesen nicht nach. „Durchhalten“, lautet hier wohl die Parole der Verantwortlichen, immerhin steht bereits im Herbst 2023 die Emeritierung des umstrittenen Professors an. Und so dauert es geschlagene 30 Jahre, bis herauskommt, dass Kraus offensichtlich schon während seines Studiums als Mitglied einer Deutschen Gildenschaft geführt wurde.
Die „Deutschen Hochschulgilden“ (DHG) im Verband der „Deutsche Gildenschaft“ (DG) bezeichnen akademischen Studentenverbindungen die von einem bündischen Selbstverständnis geprägt sind und ideologisch dem völkischen Nationalismus zugeschrieben werden. Diverse Führungsmitglieder der „Neuen Rechten“ sollen einen gildenschaftlichen Hintergrund haben, wie beispielsweise Götz Kubitschek und Karlheinz Weißmann (Gründer des Instituts für Staatspolitik (IfS) und des Verlages Edition Antaios). Kubitschek selbst war bis 2002 Aktivensprecher der DG.
Dass Professor Kraus trotz gegensätzlicher Angaben in den Gildenschaftlichen Blättern des Jahres 1992 als Mitglied der Deutschen Gildenschaft Trutzburg Jena zu Göttingen geführt wird, war in Passau seit Mitte 2022 bekannt – und hätte der Unileitung ebenso bekannt sein können, hätten sie auch nur versucht den Hinweisen des AStA nachzugehen. Und es ist wohl genau diese Haltung des nicht-sehen-Wollens, welche ermöglichte, dass Kraus über drei Jahrzehnte – trotz fortlaufender Kritiken und Hinweisen über seine Vernetzung in die extreme Rechte – von Universitätsleitungen geschützt, unbehelligt unterrichten und seine Rolle im Netzwerk der neuen Rechten ausgestalten konnte.
Absurderweise beschreibt die Universität Passau es nur Wochen später als ihren Auftrag, die Aktivitäten von Studierenden „mit der nötigen Aufmerksamkeit“ zu überwachen und zu sanktionieren, die sich für eine antifaschistische, sozial und klimagerechte, offene Gesellschaft einsetzen. Denn sie tun dies auch, indem sie dafür auf Bäume klettern, sich an Asphalt kleben, mit Kartoffelbrei werfen, mit BLM knien, Prides mit Regenbogenflaggen feiern und ab und zu auch mal einen Naziaufmarsch blockieren. Und indem sie dieser verdammt bräsigen und mitunter selbstherrlichen, herablassenden sowie ebenso arroganten wie ignorant-satten Unileitung mit Kritik auf den Schlips treten, solange dies eben notwendig ist.
Aktivitäten, die die Akteur:innen der extremen Rechten offensichtlich nicht nötig haben, angesichts der renommierten Fürsprecher:innen, die sich auch an der Uni Passau für deren Belange einsetzen. Genannt sei hier nur das sogenannte „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“, welches kampagnenartig Kritik aus linken Reihen an reaktionären, rechtskonservativen bis extrem rechten Positionen im wissenschaftlichen Kontext mundtot zu machen versucht. Ein Netzwerk, dessen Prüferin von Anträgen, die darüber entscheiden wer die nächsten Opfer dieser Kampagnen werden sollen, übrigens eine (zwischenzeitlich emeritierte) Passauer Professorin ist.
Doch den Klimaaktivist:innen, Antifaschist:innen, linken Netzbeschmutzer:innen und Störenfrieden und –friedas unter den Studierenden geht es um nicht weniger als um unsere Leben und unsere Zukunft in dieser Gesellschaft, in diesen Verhältnissen und in dieser Welt und darum, was wir beitragen können und leisten müssen, um diese für alle lebenswerter zu gestalten.
Eure Schlussstriche interessieren sie nicht. Sie bleiben unbequem. Nicht gegen euch, sondern für uns.